DGKJP Programm 2015 - page 10

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GRUSSWORTE DER KOOPERIERENDEN
FACHGESELLSCHAFTEN UND VERBÄNDE
Grußwort des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (BKJPP)
Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche seelisch gesund aufwachsen!
Der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik
und Psychotherapie in Deutschland (bkjpp) und die DGKJP als wissen-
schaftliche Fachgesellschaft vertreten dazu mit je eigenen Spezifikatio-
nen die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in Deutsch-
land, dem Land in Europa, in dem die Kinder- und Jugendpsychiatrie und
–psychotherapie am stärksten akademisch etabliert und in der Breite der
Versorgung vertreten ist.
Veränderungen in der Gesellschaft, den Lebensbedingungen und den
Entwicklungsaufgaben sorgen für veränderte psychische Belastungen
und Störungen, verändern Symptombilder und verschieben Häufigkei-
ten: wir sehen so gut wie nie das klassische Krankheitsbild der „Hysterie“
des 19. Jahrhunderts, wundern uns über (scheinbare?) Zunahmen von
Aufmerksamkeitsstörungen und Autismus, sind plötzlich mit (schein-
bar?) neuen Krankheitsbildern wie Internetsucht und Cybermobbing
konfrontiert.
Aber was ist vielleicht gar nicht verschwunden, was ist vielleicht gar
nicht neu?
Äußert sich das, was Freud Hysterie nannte, nicht heute vielleicht in
Borderlinestörungen und selbstverletzendem Verhalten; sehen wir die
Ursachen psychischer Störungen vielleicht heute nicht mehr in einer rein
intrapsychischen „ödipalen“ Reifungskrise sondern müssen und können
inzwischen realen sexuellen Mißbrauch und andere Traumatisierun-
gen erkennen? Resultieren unsere modernen Lebensbedingungen (u.a.
berufstätige Eltern, Medien) in einer Forderung an das Kind, sich weit-
gehend selbst zu organisieren und Reizüberflutungen zu widerstehen
und wir sind dann mit Kindern konfrontiert, die diese Wahrnehmungs-
verarbeitungs-Leistungen nicht so gut wie andere erfüllen können, die
aber im Biedermeier niemandem aufgefallen wären?
Ist der Rückzug des Neurasthenikers der Gründerzeit mit dem Rückzug
des PC- und Medienabhängigen unserer aktuellen Jahrhundertwende
vergleichbar?
Angesichts der epidemiologischen Daten und der Folgekosten von
psychischen Erkrankungen über die Lebensspanne hinweg wird im-
mer deutlicher, dass Prävention und Früherkennung von psychi-
schen Belastungen, Behandlung psychischer Störungen und die
psychische Gesunderhaltung der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien
zentrale gesellschaftliche Ziele sind.
Maik Herberhold
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